In diesem Beitrag werden folgende Begriffe gebraucht:
Es gibt zwei Arten der Haftung, einerseits die ausservertragliche Haftung, diese betrifft Sie immer wenn Sie Produkte in Verkehr bringen. Die vertragliche Haftung schulden Sie Ihren Vertragspartnern.
Für die ausservertragliche Haftung gelten für die Produkthaftung:
Haftbar sind die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat, auch nachdem sie ihr Mandat abgegeben haben.
Für die generelle Haftung:
Hier (Grobfahrlässigkeit und natürlich Vorsatz) haftet jeder persönlich. Konkret z.B. wenn jemand sich nicht an Prozesse und Anweisungen oder Normen hält.
Hier gelten Ihre Verträge und das Obligationenrecht (OR), typischerweise folgende Vertragsarten:
Der Hersteller haftet einerseits vertraglich, für die funktionale Sicherheit jedoch wichtiger ausservertraglich nach:
Beachten Sie, dass auch Software, vor allem embedded Software als bewegliche Sache eingestuft werden kann/ wird und daher auch inkl. Cybersicherheit unter diese Haftung fällt.
Konkret heisst dass, dass die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat des Herstellers dafür zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn die Produkte nicht sicher sind, die sie für Endkunden ("B2C") in Verkehr bringen. Für Haftung der Mitarbeiter siehe "Wie haftet der Mitarbeiter?".
Der Unterlieferant haftet einerseits vertraglich, für die funktionale Sicherheit jedoch wichtiger ausservertraglich nach:
Beachten Sie, dass auch Software, vor allem embedded Software als bewegliche Sache eingestuft werden kann/ wird und daher auch inkl. Cybersicherheit unter diese Haftung fällt.
Konkret heisst dass, dass die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat des Unterlieferanten dafür zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn die Produkte nicht sicher sind, die sie in Verkehr bringen. Für Haftung der Mitarbeiter siehe "Wie haftet der Mitarbeiter?".
Der Entwicklungsdienstleister haftet einerseits vertraglich, für die funktionale Sicherheit jedoch wichtiger ausservertraglich nach:
Konkret heisst dass, dass die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat des Dienstleisters dafür zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie fahrlässig handeln. Für Haftung der Mitarbeiter siehe "Wie haftet der Mitarbeiter?".
Der Hersteller ist also in jedem Fall für die Qualitätssicherung zuständig. Er kann dieser Verantwortung für eingekaufte Entwicklungsdienstleistungen in regulierten Märkten (z. B. Medizinprodukte, Luftfahrt) auf zwei Arten nachkommen:
Der erste Weg ist natürlich für den Hersteller bedeutend einfacher.
Die benannte Stelle haftet im Prinzip wie der Entwicklungsdienstleister einerseits vertraglich, für die funktionale Sicherheit jedoch wichtiger ausservertraglich nach:
Konkret heisst dass, dass die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat der benannten Stelle dafür zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie fahrlässig handeln. Für Haftung der Mitarbeiter siehe "Wie haftet der Mitarbeiter?".
Daher ist ein Dokument der benannten Stelle hauptsächlich eine Marketing-Frage und kann evtl. im Falle eines Falles vor Gericht als Argumentationshilfe dienen.
Achtung: Im "Brustimplantate-Fall" von 2020 hat ein Gericht entschieden, dass die benannte Stelle des Implantateherstellers haftet für das fehlerhafte Silikonöl, welches im Audit nicht identifiziert wurde. Die Gewährleistung des Schutzes des Endkunden soll nach Ansicht der Karlsruher Richter nicht allein Aufgabe des Herstellers sein, sondern auch die der benannten Stelle. Diese habe nämlich eine von ihrem Auftraggeber unabhängige Stellung und diene mit ihrer Prüfungstätigkeit nicht nur dem Hersteller, sondern auch den Endkunden. Was dieser Fall für die europaweite Rechtssprechung bedeutet ist jedoch noch unklar.
Der Mitarbeiter haftet vor allem ausservertraglich nach:
Konkret heisst dass, dass jeder Mitarbeiter dafür zur Rechenschaft gezogen werden kann, wenn er grobfahrlässig (oder noch schlimmer vorsätzlich) handelt, also z.B. Prozesse nicht einhält oder eine Review nicht durchführt. Wofür er nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann sind Fehler, d.h. wenn er alle Prozesse und Normen einhält, ihm jedoch ein Fehler unterläuft. Sonst würde ja niemand mehr Medizingeräte, Flugzeuge, Züge etc. entwickeln.
Grundsätzlich sind Normen nicht rechtlich verbindlich. Ihre Anwendung ist daher im Prinzip freiwillig.
Es gibt jedoch Fälle, wo dies so nicht zutrifft:
Es gibt ein Urteil ("Airbag-Urteil") des deutschen Bundesgerichtshofes, welches die Hersteller zum Stand von Wissenschaft und Technik verpflichtet Dasselbe tun übrigens auch die Richtlinien der EU, wobei die exakte Bedeutung des Begriffes nicht definiert ist.
Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts ("Kalkar-Urteil") verlangt, dass nicht nur Normen, sondern der Stand der "derzeitigen menschlichen Erkenntnisse" als Referenz genommen werden. Konkret heisst das, dass neuere und andere Quellen (Normenvorschläge, Konferenzen, Papers...) für die Beurteilung des Standes der Wissenschaft und Technik hinzugezogen werden...
Andreas Stucki
Haben Sie zusätzliche Fragen? Haben Sie eine andere Meinung? Wenn ja, mailen Sie mir oder kommentieren Sie Ihre Gedanken unten!
Projekte? Ideen? Fragen? Machen wir einen kostenlosen Erst-Workshop!
Keine Kommentare